Fragestellung(en) der Befragung | Mobilität zählt zu den Grundbedürfnissen der Menschen und hat die Entwicklung unserer heutigen Gesellschafts- und Wirtschaftssysteme maßgeblich geprägt. Mobilität in Form von Bewegung von Personen und Gütern verursacht aber Verkehr, der erhebliche ökologische und ökonomische Auswirkungen zur Folge hat. Die Vermeidung von Verkehrsleistung ist eine Möglichkeit, Mobilität umweltverträglicher aber auch leistbarer zu machen. Eine potentielle Möglichkeit, physisches Verkehrsaufkommen zu verringern und gleichzeitig die gewünschte Mobilität zu gewährleisten liegt in der Intensivierung virtueller Mobilität.
Die Möglichkeit, virtuell mobil zu sein, ergibt sich als Folge der zunehmenden Digitalisierung aller Lebensbereiche. Die Erledigung von Bankgeschäfte, Einkaufen, Arbeiten, Meetings und Konferenzen oder Aus- und Weiterbildung sind nur einige Bereiche, in denen wir schon heute virtuell mobil sind. Ob und in welchem Ausmaß virtuelle Mobilität aber tatsächlich zu einer Reduktion physischer Mobilität und somit der negativen ökologischen Auswirkungen von Verkehr geführt hat bzw. welche sozioökonomischen Konsequenzen diese Entwicklung hervorruft ist wenig bekannt. Die Untersuchung dieser Effekte sowie der Rahmenbedingungen, unter welchen die zukünftigen Entwicklungen im Bereich der virtuellen Mobilität bestmöglich genutzt werden können, ist Inhalt des Forschungsprojektes.
Im Projekt PoviMob (Potentiale und Wirkungen virtueller Mobilität) sollen zunächst jene Produkte, Dienstleistungen und Technologien im Bereich virtueller Mobilität identifiziert werden, die gegenwärtig und zukünftig den potentiell größten Einfluss auf das physische Verkehrsaufkommen haben. Neben einer umfassenden Literaturrecherche werden hierfür interdisziplinäre ExpertInnenworkshops, Stakeholder-Befragungen in Unternehmen unterschiedlicher Branchen und zielgruppenspezifische Befragungen repräsentativer bzw. für die Problemstellung besonders relevanter Bevölkerungsgruppen durchgeführt. Im Rahmen dieser Arbeiten werden auch individualpsychologische Aspekte (von Bedürfnissen und Akzeptanz über Verhaltensmotivation und Barrieren im Kopf bis zu psychischen und sozialen Auswirkungen) sowie soziologische/gesellschaftliche, technische und wirtschaftspolitische Aspekte dargestellt, die einer Intensivierung virtueller Mobilität entgegenstehen. Große Aufmerksamkeit wird auch auf die Identifizierung möglicher Rebound-Effekte gelegt.
Im Rahmen der Wirkungsmodellierung im Projekt PoviMob werden die gewonnen Erkenntnisse im Rahmen einer Szenarienanalyse in ausgesuchte bevölkerungsgruppen- und wegezweckspezifische Verkehrsparameter wie Verkehrsmittelwahl, Wegehäufigkeit oder Wegelänge überführt und den Ergebnissen aktueller Mobilitätserhebungen (z.B. Österreich Unterwegs 2013/2014) gegenübergestellt. Mit dem so generierten Mengengerüst wird das Energieszenario With Existing Measures 2019 des Umweltbundesamtes mit den Verkehrsparametern aus der Szenarienanalyse überarbeitet und eine Bandbreite der veränderlichen Verkehrsleistung in Österreich ermittelt, die die mögliche Wirkung der Intensivierung virtueller Mobilität (inklusive potentieller Rebound-Effekte) abbildet. Die so generierten Verkehrsleistungsänderungen sind Basis für die Ermittlung des ökologischen und sozioökonomischen Potentials virtueller Mobilität in Österreich.
Ziel des Projekts PoviMob ist somit die Quantifizierung des Potentials virtueller Mobilität in Österreich bei gleichzeitiger Identifizierung möglicher Barrieren und Rebound-Effekte, sowie die Ableitung von Maßnahmen und Handlungsempfehlungen zur bestmöglichen Verknüpfung virtueller und physischer Mobilität.
Anfang März 2020 wurden von der österreichischen Bundesregierung als Folge der globalen Ausbreitung des COVID-19 Virus behördliche Ausgangsbeschränkungen verordnet. Die Österreicherinnen und Österreicher waren plötzlich gezwungen, ihre davor gelebte physische Mobilität auf ein Minimum zu reduzieren und virtuelle Mobilität gewann in allen Lebensbereichen unerwartet rasch und stark an Bedeutung. Aus diesem Grund hat sich das Projektteam dazu entschieden, die ExpertInnenbefragungen ebenso wie die Bevölkerungsumfragen aus dem Herbst 2019 weitgehend zu wiederholen, um den neuen Realitäten im Zusammenhang mit virtueller Mobilität Rechnung zu tragen.
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