HOSUL – Herausforderungen bei der Organisation von Schule und Unterricht nach den Lockdowns

Autorinnen und Autoren Prof. Dr. Grit im Brahm, Prof. Dr. Christian Reintjes
Institution(en) Ruhr-Universität Bochum, Universität Osnabrück
Kontaktdaten

Grit.imBrahm@ruhr-uni-bochum.de

Christian.reintjes@uos.de

ggf. weitere Partner
Theoretischer Rahmen/Zugang Die Studie zielt auf der Folie einer dokumentenanalytischen Synthese der in Schulmails versendeten ministeriellen Informationen im Zuge der Pandemie-bedingten Schulschließungen und nachfolgenden Wiederaufnahmen des Schulbetriebs auf eine Beschreibung schulform- und standorttypspezifischer Bewältigungsstrategien bei der Organisation von Präsenzunterricht angesichts infektionsschutzrechtlicher Rahmenbedingungen. Bei der Ausgestaltung von Schule und Unterricht angesichts einer anhaltenden pandemischen Lage zeigt sich z.B. mit Blick auf die Umsetzung der Stundentafeln, der Lerngruppenbildung, Ausgestaltung der Präsenz- wie Distanz-Lernangebote eine große Bandbreite von organisationalen Bewältigungsstrategien. Bei den schulform- und standortspezifischen Lösungen für den Präsenzunterricht nach den Lockdowns spielen die einzelschulisch variierenden, verfügbaren Ressourcen eine zentrale Rolle. Auf Grundlage der onlinebasierten Schulleitungsbefragungen HOSUL I & II (standortspezifische Bewältigung der Herausforderungen bei der Organisation von Schule und Unterricht nach dem zweiten Lockdown) wird geprüft, inwiefern Schulleitungen in Abhängigkeit von sozialräumlichen Lagen die ihnen zur Verfügung stehenden personellen, materiellen und räumlichen Ressourcen mit Blick auf die zu bewältigenden Aufgaben different einschätzen. Unter governancetheoretischen Annahmen wird der Frage nachgegangen, welche Strategien die Schulen mit Blick auf die Organisation von Präsenz-, Wechsel- und Distanzunterricht gewählt haben. Dabei werden ministerielle Vorgaben sowie einzelschulische Entscheidungsprozesse jeweils mitberücksichtigt.
Fragestellung(en) der Befragung

Die Schulleitungsbefragungen (HOSUL I & II) fokussieren vor diesem Hintergrund folgende Fragestellungen:

  • Wie gehen Schulleitungen als zentrale Handlungsakteure unter krisenbedingtem Druck und Handlungsunsicherheit mit den emergierenden Herausforderungen um?
  • HOSUL I: Auf welche Weise wurde die Wiederaufnahme des Präsenzunterrichts organisiert und ausgestaltet (Phase II) und welche Ziele verfolgten die Schulleitungen damit?
  • HOSUL II: Wie organisieren Schulleitungen im Spannungsfeld Lockdown-bedingter Schließungen und Wieder-Eröffnungen Distanz-, Wechsel- und Präsenzunterricht in Anbetracht der zur Verfügung stehenden Ressourcen in Phase V?
Themen in Stichworten

Corona-Pandemie, Schulsystem, Schulschließungen, Lockdown, Präsenzunterricht, Wechselunterricht, Distanzunterricht

Zentrale Befunde der Studie im Überblick/Highlights

Auf der Ebene des schulischen Inputs sind klare Strategien erkennbar, wie Schulleitungen den Wechsel- und damit auch Präsenzunterricht organisiert haben:

  • Sekundarstufen-II-Schulleitungen entschieden sich bei den Abschlussklassen einerseits eher für die vollständige Präsenz als für Wechselunterricht und damit andererseits auch für volles nominales Stundenvolumen.
  • Sekundarstufen-I-Schulleitungen entscheiden sich häufiger für den Wechselunterricht und damit einhergehend auch für reduziertes Präsenzstundenvolumen je Schülerin und Schüler.

Zudem wurde evident, dass das Präsenzstundenvolumen in Abhängigkeit des zu vergebenden Schulabschlusses variiert. Je prestigegeringer der Abschluss, umso weniger Präsenzunterricht haben die die Schülerinnen und Schüler erhalten.

Auf der Systemebene zeigt dies, dass die meisten personellen Ressourcen in den Präsenzunterricht für die Abiturienten flossen, wohingegen Schülerinnen und Schüler, welche `nur´ niedere oder mittlere Abschlüsse erwerben, deutlich weniger Präsenzunterricht erhalten haben.

Für die schulische Prozessebene weisen die vorgestellten Daten zum Distanzlernen darauf hin, dass Grundschulen dieses deutlich häufiger asynchron ausgestalten und es damit auch häufiger in häusliche Verantwortung legen. Dies geht mit einer deutlicheren Auflösung der Stundenplanstruktur (und der damit verbundenen Rhythmisierung des Tagesablaufs) einher.

Dies kann und muss als Einfallstor für die Verstärkung sozialer Disparitäten betrachtet werden. Weiterführende Schulen setzen auch in der Distanz stärker auf synchrones, schulisch-strukturiertes Lernen bei zugleich starker Stundenplanorientierung.

Unter dem Handlungsdruck, in der Pandemie schulische Lerngelegenheit ausgestalten zu müssen, haben Schulleitungen im Rahmen ihrer Handlungsspielräume folglich steuernde Elemente sowohl auf der Input- als auch der Prozessebene erkennbar different ausgestaltet. Unklar bleibt zu diesem Zeitpunkt, welche Wirkungen dies haben wird.

Methodische Ausrichtung Quantitative Studie
Analytische Ausrichtung Deskriptiv, explorativ
Erhebungsdesign

Der Fragebogen umfasst standardisierte und offene Fragen.

Um die Regelmäßigkeit, mit der Schülerinnen und Schüler Präsenzunterricht erhalten, erfassen zu können, wurden die Schulleitungen danach gefragt, an wie vielen Tagen/Woche die Schülerinnen und Schüler jeweils für welche Anzahl an Unterrichtsstunden in Präsenz in die Schulen kommen.

Zudem wurden die Schulleitungen danach gefragt, wie von Dezember 2020 bis Februar 2021 der Distanzunterricht an den Schulen ausgestaltet wurde.

Zeitpunkt(e)/Zeitraum der Erhebung(en) HOSUL I: Im Zeitraum vom 18. Mai bis 30. Juni 2020 konnten sich Schulleitungen an der Online-Studie beteiligen. HOSUL II: Im Zeitraum vom 01. März bis 28. März 2021 konnten sich Schulleitungen an der Online-Studie beteiligen.
Art der Stichprobe und Benennung der Personengruppe(n) und Anzahl
  • Die Ergebnisse von HOSUL I (Herausforderungen bei der Organisation von Schule und Unterricht nach den Lockdowns) basieren auf einer Befragung von Schulleitungen allgemeinbildender Schulen aus ganz Deutschland, die durch die GEW und den VBE in ihrer Dissemination unterstützt wurde. Insgesamt haben 1482 Personen begonnen, den Fragebogen zu bearbeiten. Davon haben 683 Schulleitungen den gesamten Bogen vollständig bis zur letzten Seite beantwortet (entspricht einem Anteil von rund 46%), während die anderen die Bearbeitung zu früherem Zeitpunkt abgebrochen haben und somit nicht in die Auswertung aufgenommen wurden.
  • Die Ergebnisse von HOSUL II basieren ebenfalls auf einer Befragung von Schulleitungen allgemeinbildender Schulen aus ganz Deutschland. Insgesamt haben 825 Personen begonnen, den Fragebogen zu bearbeiten. Davon haben 413 Schulleitungen den gesamten Bogen vollständig bis zur letzten Seite beantwortet (entspricht einem Anteil von rund 50%), während die anderen die Bearbeitung zu einem früheren Zeitpunkt abgebrochen haben und somit nicht in die Auswertung aufgenommen wurden.
Geographischer Raum der Studie Deutschland
Bibliographische Angaben zentraler Publikation(en)
  1. Brahm, G. im & Reintjes, Ch. (2022). Pandemie-induzierte Entwicklungsprozesse auf der Ebene der Einzelschule: Wie organisieren Schulleitungen Schule angesichts Pandemie-bedingter Schulschließungen? Medienpädagogik. Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung. Themenheft:  Schulentwicklungsprozesse für Bildung in der digitalen Welt(Abstract angenommen, Beitrag eingereicht)
  2. Brahm, G. im & Reintjes, Ch. (2021). Schulen in NRW nach dem zweiten Lockdown Steuerungsbezogene Reflexionen auf Grundlage einer Schulleitungsbefragung (HOSUL). SchulVerwaltung 12, Ausgabe NRW, S. 328-333.
  3. Brahm, G. im, Reintjes, Ch. & Görich, K. (2021). Schulen in NRW nach dem ersten Lockdown. Steuerungsbezogene Reflexionen auf Grundlage einer Schulleitungsbefragung (HOSUL).SchulVerwaltung 3, Ausgabe NRW, 76-80.
  4. Brahm, G. im, Reintjes, Ch. & Görich, K. (2021). Einzelschulische Bewältigung der Herausforderungen bei der Organisation von Schule und Unterricht nach dem Lockdown – Befunde einer bundesweiten Schulleitungsbefragung. In Ch. Reintjes, R. Porsch & G. im Brahm (Hrsg.), Das Bildungssystem in Zeiten der Krise. Empirische Befunde, Konsequenzen und Potenziale für das Lehren und Lernen (S. 137-164). Münster: Waxmann.
  5. Reintjes, Ch. & Brahm, G. im (2022). Einzelschulische Bewältigung der Herausforderungen bei der Organisation von Schule und Unterricht während Corona – eine onlinebasierte Schulleitungsbefragung. Wie schätzen Schulleitungen aus Nordrhein-Westfalen in Abhängigkeit von sozialräumlichen Lagen die ihnen zur Verfügung stehenden personellen, materiellen und räumlichen Ressourcen im Kontext von Distanz-, Wechsel- und Präsenzunterricht ein? S. Huber, C. Helm & N. Schneider (Hrsg.), Covid-19 und Bildung. Studien und Perspektiven. Waxmann: Münster. (in Druck)
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